AutoDer Ioniq 6 im Lang­stre­cken­test

Der Hyundai Ioniq 6 zählt zu den wind­schnit­tigsten E‑Autos auf dem Markt. Wie macht er sich auf der Lang­strecke? Sechs Länder haben wir mit ihm bereist und auf über 7.000 Kilo­me­tern so einige Erfah­rungen gesam­melt.

Hyundai setzte 2023 mit dem Ioniq 6 Maßstäbe. Mit seinem sehr nied­rigen Luft­wi­der­stands­bei­wert (cW-Wert) von 0,21 gehört er zu den aero­dy­na­misch effi­zi­en­testen Seri­en­fahr­zeugen auf dem Markt. Der Verbrauch sinkt so auf 15,1 kWh/100 km und bringt eine Reich­weite von über 500 Kilo­meter. Schnell­laden in 20 Minuten und ein Preis von für E‑Autos recht güns­tigen knapp 40.000 Euro. Zumin­dest auf dem Papier wirkt das wie ein attrak­tives Gesamt­paket.

Um das in der Praxis zu über­prüfen, hatten wir die erste Gene­ra­tion für einen Lang­stre­cken­test in der Redak­tion. Wir sind damit durch sechs Länder und insge­samt über 7.000 Kilo­meter gefahren.

Unsere Reise führte durch Öster­reich, Slowe­nien, Kroa­tien, Italien und die Schweiz zurück nach Deutsch­land. | Bild: Grafik Seuf­ferle

Reich­weite und Verbrauch

Laut WLTP kommt unser Modell mit Allrad­an­trieb auf 583 Kilo­meter. Im Test müssen wir deut­liche Abstriche machen. Die 500-Kilo­meter-Marke kam auf unserer Reise nicht mal in Sicht­weite. Trotz Tempo­limit und Stau auf der Tauern­au­to­bahn in Öster­reich waren das Maxi­male 450 Kilo­meter. Der Verbrauch lag bei etwa 17 kWh/100 km. Für unsere Strecke mit viel Auto­bahn­an­teil ist dieser Wert aber sehr gut.

Lade­leis­tung beim Schnell­laden

Ausge­stattet mit 800-Volt-Tech­no­logie zeigt der Ioniq 6 vor allem beim Schnell­laden mit Gleich­strom, was er draufhat. Von 10 auf 80 Prozent in unter 20 Minuten sind problemlos möglich. Der Lade­peak lag bei 240 kW. In der Spitze bedeutet das über 1.000 Kilo­meter Reich­wei­ten­zu­wachs pro Stunde – wenn der Akku so groß wäre.

Ein kurzer Lade­stopp dank 800-Volt-Technik an der slowe­ni­schen Auto­bahn.

Lade­leis­tung bei lang­samen Wech­sel­strom-Lade­säulen

Anders sieht es bei Wech­sel­strom-Lade­säulen aus. Damit dauert das Laden deut­lich länger, denn hier kann der Ioniq nur 11 kW. Das entspricht 65 Kilo­meter Reich­weite pro Stunde.

Ein Problem war das aber nie, denn auch in Slowe­nien und Kroa­tien sind an den Auto­bahnen genug Schnell­la­de­sta­tionen vorhanden. Nur abseits davon werden sie deut­lich seltener. Das Netz an öffent­li­chen Lade­säulen ist an den Touris­ten­orten dicht, aber nicht immer nutzbar. Manche Lade­säulen sind auf Privat­ge­lände, andere defekt und wieder andere erteilen Anwei­sungen nur auf Slowe­nisch. Über­wie­gend funk­tio­nierte der Lade­vor­gang aber ohne Probleme.

Fern­ge­steuert einparken

Ab der Ausstat­tungs­va­ri­ante UNIQ (ab 60.000 Euro) ist der Park­as­sis­tent Seri­en­aus­stat­tung. Damit lässt sich das Auto mit dem Auto­schlüssel als Fern­be­die­nung ein- und ausparken, während wir selbst vor dem Auto stehen. Das erfor­dert Mut und Geschick. Schnell sind wir außer­halb des Radius, was zum Abbruch führt. Kommen wir dem Fahr­zeug in die Quere, weil wir zu nah dran sind, wird auch abge­bro­chen. Letzt­lich ist es eine tech­ni­sche Spie­lerei, die kaum Zeit spart und nur hilft, wenn das Auto eng zuge­parkt ist.

Kameras statt Spiegel

Die Außen­spiegel können ab der Vari­ante UNIQ gegen 1.900 Euro Aufpreis durch kleine Kameras ersetzt werden. Deren Bild wird mit Moni­toren auf Höhe des Arma­tu­ren­bretts an den Seiten darge­stellt. Das verbes­sert die Wind­schnit­tig­keit. Bei Tages­licht funk­tio­niert das nach kurzer Einge­wöh­nung wunderbar. Doch schon bei der Dämme­rung kommen die Kameras an ihre Grenzen, bei Nacht lässt sich so gut wie nichts erkennen.

Bei Regen klappt es tags­über noch über­wie­gend gut. Beim Blinken wird ein Bild des toten Winkels ange­zeigt. Dieses ist bei Regen aller­dings völlig verschwommen.

Gegen Aufpreis hat der Ioniq 6 statt Rück­spiegel kleine Kameras. | Foto: Hyundai

Die filmen nach hinten und zeigen das Bild auf Bild­schirmen an den Türen an. | Foto: Hyundai

Das funk­tio­niert bei Tag und Regen über­ra­schend gut. Bei Nacht kommt die Technik an ihre Grenzen.

Eine zusätz­liche Kamera filmt beim Blinken den Toten Winkel. | Foto: Hyundai

Diese Kamera ist bei Regen völlig nutzlos. Das Bild ist komplett verschwommen.

Platz­ver­hält­nisse

Der Platz im Fond ist recht beengt. Die Durch­reiche im Koffer­raum ist klein und seit­lich stark begrenzt. Trotzdem ist der Platz für zwei Personen ausrei­chend für den Urlaub, für Fami­lien eher nur für Kurz­trips.

Das Auto als Steck­dose

Für 350 Euro ist ein V2L-Adapter erhält­lich. Der verwan­delt die Lade­buchse in eine normale Steck­dose. Laptop, Rasierer, Handy-Lade­kabel – alles kann dort ange­schlossen werden. Camping­freunde können sogar ihren Wohn­wagen dort anschließen.

Doch ist der Fahr-Akku dann nicht schnell leer? Die Angst ist unbe­rech­tigt. Die kleinste Batterie des Ioniq fasst 53 kWh. So viel verbraucht ein Laptop bei tägli­cher Nutzung im Jahr. Auch ein Wohn­wagen verbraucht pro Tag im Durch­schnitt “nur” 5 kWh. Wer Angst hat, dass der Fahr-Akku über Nacht plötz­lich leer wird, kann den Akku im V2L-Betrieb begrenzen. So bleibt genug Reich­weite, um zur nächsten Lade­säule zu fahren.

Die Technik hat bei uns auf einem Camping­platz am Gardasee tadellos funk­tio­niert. Die Leis­tung der tech­ni­schen Geräte ist in keiner Weise beein­träch­tigt.

Fazit und Ausblick

Auch wenn der Ioniq 6 seine offi­zi­elle Reich­weite nicht halten kann, ist die Lang­strecke mit ihm sehr entspannt. Die Lade­pausen sind kurz und selten erfor­der­lich. 2025 gibt ihm Hyundai ein Face­lift, das sich aber auf das Design konzen­triert. Unsere Test­erfah­rungen gelten auch für ihn.


Gleich weitersagen!